Die “Sächsische Zeitung” berichtet am 19.Februar 2003:
Das Träumen abgewöhnt
Cöllner sind enttäuscht über Stillstand des Elbdom-Projekts / Kein Gesamtkonzept, nur einzelne Lichtblicke
Von Christian Spahr
Es ist ein Rückschlag für ihren Stadtteil: Viele Cöllner sind enttäuscht, dass es mit dem Elbdom-Zentrum nicht voran geht. Die Aussicht auf Fördermittel für das Viertel ist gering. Da sind kleine Schritte umso
willkommener – etwa der Neubau des Landratsamts.
„Ich habe da keine Chance gesehen, das überrascht mich nicht“, sagt Andreas Giese zum Stillstand des ehrgeizigen Elbdom-Projekts. Ein Zentrum mit Fitness-Studio, Praxen, Supermarkt und kleinen Läden – so etwas fehle
in Cölln, meint der Drogerie-Betreiber. „Das wäre super gewesen, gerade für ältere Leute“, findet Giese. Die vielen Rentner im Stadtteil legten Wert auf kurze Wege und interessante Gesundheitsangebote.
„Für den Elbdom sind alle Messen gelesen“
„Aber auch mit so einem Plan ist es zurzeit schwierig, Investoren zu finden“, analysiert Giese, der auch Schatzmeister der Interessengemeinschaft „Meißen rechts der Elbe“ ist. Er traut dem Elbdom-Konzept daher nicht
und vermutet, dass Projektmanager Volker Holthaus nicht genug materiellen Rückhalt hat. „Da sind alle Messen gelesen“, sagt Giese pessimistisch. Cölln, der benachteiligte Stadtteil mit den meisten Industriebrachen,
interessiere zur Zeit niemanden.
„Solche maroden Großobjekte sind richtige Schandflecke“, sagt Evelyn Guthmann, deren Apotheke wie die verfallende Zuckerfabrik an der Dresdner Straße liegt – im ebenfalls verfallenden ehemaligen Gastronomie-Komplex
Hamburger Hof. „Das Elbdom-Zentrum wäre zu schön gewesen“, sagt sie und lässt durchblicken, dass auch sie keine Hoffnung mehr in das Projekt setzt. „Hier tut sich leider nichts.“ Die Apothekerin sieht den enormen
Sanierungsbedarf täglich mit eigenen Augen: „In den Saal des Hamburger Hofs regnet es rein, und als einzige Mieter fangen wir das Wasser mit Schüsseln auf.“
Während Drogerie-Chef Giese sagt, er habe sich „das Träumen schon abgewöhnt“, setzt Evelyn Guthmann nach wie vor auf bessere Jahre für ihr liebevoll „Hambi“ genanntes Domizil. Besonders bei den älteren Cöllnern gebe
es noch ein ausgeprägtes Stadtteilbewusstsein. „Ein Höhepunkt wird im Mai das 10. Lindenfest sein“, kündigt Guthmann an. Damit wollen die Gewerbetreibenden ihren Kunden für langjährige Treue danken. Auch deswegen
will die Apothekerin nicht aus Cölln wegziehen.
Evelyn Guthmann freut sich über jedes frisch sanierte Haus – doch trotz einzelner Lichtblicke ist ein umfassendes Sanierungskonzept für Cölln noch in weiter Ferne. Zwar wird schon lange darüber diskutiert, doch die
Stadt hat derzeit kein Geld, um den ganzen Stadtteil offiziell zum Sanierungsgebiet zu erklären und großzügig zu fördern.
„Die Stadt hat Triebischtal den Vorzug gegeben“, sagt CDU-Stadträtin Sigrun Rinck, „dort ist etwas auf den Weg gebracht worden.“ Ein kleiner Aufschwung, der Cölln noch fehlt. „Das ist nicht zeitig genug angepackt
worden“, kritisiert die Politikerin, die viele Jahre rechts der Elbe wohnte und die Interessengemeinschaft leitete. „Für Cölln sind die Aussichten sehr, sehr schlecht“, sagt sie mit Blick auf die Stadtkasse.
Dirk Herr, Hoch- und Tiefbau-Chef der Stadt, sieht das ähnlich. Er würde gern möglichst schnell die abgenutzten Straßen und Gehwege sanieren: „Es gibt viel zu tun, keine Frage“, sagt er – und fügt gleich hinzu, dass
ihm dafür die Mittel fehlen. Konkrete Vorstellungen für einzelne Straßen gibt es aber schon. So stellt sich Herr die Zaschendorfer Straße künftig als schmucke Hauptachse des Viertels vor – „mit mehr Grün und
Kurzzeitparkplätzen für Einkäufer.“
Landratsamt bringt Hauch von Moderne nach Cölln
Deutlich früher bringt das Landratsamt Bewegung in den Stadtteil. Der Neubau der Behörde zwischen der Villa der Schwerter-Brauerei und dem jetzigen Sozialamt sei „schon erstaunlich weit“, findet Cölln-Lobbyist
Andreas Giese. Keller und Erdgeschoss sind im Rohbau schon fertig. „Jetzt ist die Schalung im ersten Stock dran“, sagt Frank Däweritz vom Landratsamt. Damit bleibt die Behörde ihrem Zeitplan treu: „Ende des Jahres
soll der Bau fertig sein, Anfang 2004 ziehen wir ein.“ 170 Mitarbeiter von Zulassungsstelle, Bürgerbüro, Infothek und anderen publikumsreichen Ämtern sollen dort arbeiten; das bisherige Domizil in der Loosestraße
wird zur Außenstelle. Der dreigeschossige Neubau mit verglastem Atrium bringt nicht nur einen Hauch Moderne nach Cölln, sondern auch ein Plus für die Infrastruktur: „Die Brauhausstraße bekommt dann einen
Asphaltbelag“, verspricht Dirk Herr vom Bauamt.
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